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Diese
Inhalte sind Auszüge aus dem Buch "sch", das im Oktober
2003 erscheint. Jetzt
bestellen! von Nina Mayrhofer Kunst entzieht sich einer Definition. Das heißt einer einzigen
Definition. Umso mehr entsteht hier ein Spannungsfeld zwischen dem so
genannten Kunstmarkt und der Kommerzialisierung auf der einen und der
„freien“ Hingabe des Künstlers aus Überzeugung an
der Sache auf der anderen Seite. Kunst will Kunst und besteht auf ihrer
Zweckfreiheit. Die Sinnhaftigkeit ergibt sich aus dem Werk und der Interaktion
mit dem Betrachter. Oder auch nicht. Klare Abgrenzungen, wer denn nun
ein Künstler sei, ist eben ein langes Kapitel einer unendlichen (Kunst-)geschichte.
Das Klischee des frierenden Künstlers in der Dachkammer steht dem
Bild eines Künstlers entgegen, der sich und seine Seele verkauft
hat und dessen Werk der Kommerzialisierung anheim gefallen ist. Diese
Schwarz-Weiß-Malerei ist aber im Grunde nicht mehr vorhanden. Fronten
verschwimmen und Definitionen machen nur für ein begrenztes Publikum
Sinn. „Solche Kunstwerke, wie sie heute üblich sind, kann ich gar nicht fertigstellen. Dazu fehlen mir Könnerschaft und Unverschämtheit. Ich beließ es daher besser bei gelegentlichen Bierdeckelskizzen und kletterte doch lieber wieder kunstlos durch die Irrenhäuser Hegels, anstatt im Kreis durch doofe Galerien.“ (Kapielski)
„Die Zeit heilt alle Wunden“ ist eine Floskel, die für das Scheitern im Bereich der Kunst eben die Rückkopplung eines Erfolges schaffen kann. Kunstgeschichte, und somit wohl eine Wertung des Erfolgspotentials eines Kunstschaffenden kann meist nur rückwirkend oder zeitverschoben passieren. Das bringt uns zurück von dem zu Lebzeiten wenig Geschätzten zu dem im Nachhinein hochgefeierten Kreativen. Die Bereiche der Kunst, die sich mit dem Scheitern schneiden, enthalten somit vielfältige Perspektiven. Einmal die erwähnte Spannung zwischen Künstler und seinem Produkt – das mehr oder weniger geschlossene System der Ideenfindung, Umsetzung oder Konzeption und des Schaf-fensprozesses. Andererseits die Sicht des Marktes auf Künstler und Produkt. „Unfertige“ Konzepte und Werke haben ihre Rechtfertigung selbst in diesem Stadium als Endprodukt und finden in eben diesem Kontext ihre eigenen Räume und Ausstellungen. Hier eröffnet sich die Möglichkeit der Offenheit des Kunstwerkes und des erweiterten Kunstbegriffes. Das Unvollendete bedeutet aber nicht zwingend ein Scheitern am Ausgangspunkt. Es gibt eine Transformation des Prozesses, die an einem selbstgewählten Punkt endet. Die Thematisierung des Scheiterns in der Kunst selbst liegt nahe an der Ebene des abgebrochenen Schaffens. Gerade aber das Unvollkommene erlangt das Interesse der Öffentlichkeit – etwa vor kurzem in der Ausstellung in Österreich „Fehlschläge? - Ein Exkurs über das Scheitern“ – und zeigt die mögliche Publizität des Unfertigen. Ein Blick auf Werke zwischen Gelingen und Misslingen und Misserfolg als Motor des Lernens. Der positive Auftrieb nach dem Fall als kreative Erweiterung und Lehre.
Und hier wird die Unvollkommenheit interessant. Perfektion ist zu glatt, zu einfach im Sinne von geradlinig. Daher sind „unvollkommene“ Werke auch so spannend. Sie scheinen Einblicke in die Arbeitsprozesse zu gewähren. Der Moment des Scheiterns liegt auf kurvigem Weg. Undefi-nierbarkeit macht vieles schwerer. Aber deshalb umso spannender. Definitionen sind Rettungsreifen. Kunst bezieht Definitionen. |
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